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Sortiment & Warenwirtschaft

Erfolgsfaktor Reparatur-Dienstleistung

Reparaturdienstleistungen – aufgezeigt an Beispielen im Uhren- und Schmuck-Einzelhandel – müssen nicht als Kostenfaktor gesehen werden. Ein Umdenken kann helfen, diesen Bereich zu einer Ertragsstütze und einem Imagegewinn für ein Geschäft zu machen. Professionell betrieben und mit unternehmerischen Argumenten ausgestattet sind Reparaturen eine Chance, Geld zu verdienen und den Kunden besser zu bedienen.
Im Uhren- und Schmuck-Einzelhandel ist regelmässig die Klage zu hören, dass der Dienstleistungsbereich eigentlich nur Kosten verursacht. Verantwortlich gemacht dafür werden die Lohn- und Mietkosten, notwendige Investitionen in Atelier-Infrastruktur und die bescheidenen Margen, welche Hersteller den Händlern für Reparaturarbeiten gewähren. Dies zeugt von einer gewissen Ohnmachtshaltung der Detaillisten in einem starren Gefüge herstellerdiktierter Rahmenbedingungen.

Die beteiligten am Service-Ablauf

  • Um der Sache auf den Grund zu gehen, sind unter anderem drei wichtige Faktoren zu berücksichtigen. Erstens will der Gast möglichst schnell seine Uhr repariert zurück haben. Dabei kann im besten Fall die Mindesterwartung eines Konsumenten erfüllt werden: die termingerechte Abwicklung mit dem Ergebnis, dass das Stück wieder funktioniert wie eh und je. Im weiteren sehen sich die Hersteller mit immer mehr Reparaturen konfrontiert, da sie immer mehr Uhren am Markt absetzen. Gleichzeitig versprechen sie in ihrer Werbung den Kunden die Langlebigkeit der Produkte. Folglich gerät der Produzent immer stärker unter Druck wegen mangelnder Kapazität. Die verfügbare Zahl der Uhrmacher ist begrenz und diese Berufsgattung erfreut sich grosser Nachfrage . Durch den steigenden Druck nimmt ebenfalls das Fehlerrisiko zu. Der dritte Beteiligte ist der Einzelhändler. Er ist dem Gast gegenüber für das gelieferte Ergebnis verantwortlich, unabhängig von der Qualität, welche der Hersteller ihm geliefert hat (Liefertreue, einwandfrei ausgeführte Arbeit, etc.) . Gleichzeitig trägt er sämtliche Kosten der Abwicklung wie Zeitaufwand ( Annahme, Bearbeitung, Qualitätskontrolle, allfällige Reklamationen), Porti, Transportversicherung, etc.

Service-Preise mit richtigen Kosten kalkulieren

Die Zeiten haben sich geändert und die Rahmenbedingungen im Markt für das Reparieren von Gütern mit ihnen. Ein Kunde geht mit einem defekten Handy zum Telecom-Shop oder Elektronikhändler (man könnte ebenso eine Stereoanlage oder einen Staubsauger nehmen) und bittet um die Reparatur des Geräts. Er wird feststellen, dass schon für eine Garantiearbeit eine Bearbeitungsgebühr in der Grössenordnung von 80 Franken fällig wird, damit der Reparaturauftrag überhaupt angenommen wird.
Was kann man daraus lernen? Die Konsumenten sind es sich heute immer mehr gewohnt, für Reparaturen – wenn diese überhaupt noch möglich sind– einen respektablen Preis zu bezahlen. In der Uhren- und Schmuckbranche fehlt oft der Mut, für den Service einen der Leistung entsprechenden Preis inklusive positivem Deckungsbeitrag zu verlangen. Es sind nicht die Rahmenbedingungen, die Falsch sind, es ist die Denkhaltung . In einem durchschnittlichen Fachgeschäft besteht der grösste Teil der Frequenz aus Gästen, die Serviceaufträge bringen. Sind das pro Woche zwanzig Reparaturen, gibt das bei 52 Wochen rund 1’000 Serviceaufträge. Werden die  Dienstleistungspreise im Schnitt nur 20 Franken pro Fall angehoben, dann bleibt bis Ende Jahr rund 20’000 Franken mehr Geld in der Kasse.

Preise der Leistung anpassen

Was hält den Unternehmer davon ab, für eine professionell ausgeführte Arbeit von einem Spezialisten einen Preis zu verlangen, der über die Kosten hinaus einen Ertrag abwirft? In den meisten Fällen ist es die Gewohnheit, manchmal fehlender Mut. Bei nüchterner Berechnung, ergibt sich folgendes Bild: Für einen problemlosen Batteriewechsel an einer Mittelklasseuhr braucht ein Fachgeschäft für die Annahme, die Ausführung der Arbeit und die Abgabe inklusive Einkassieren mindestens fünfzehn bis zwanzig Minuten. Bei einem Selbstkostensatz von rund 80 Franken pro Stunde inklusive Material ergibt das einen Einstandswert von mindestens 20 Franken. Bei einer handelsüblichen 50%-Kalkulation liegt der realistische Endverbraucherpreis für einen vom Fachmann ausgeführten einfachen Batteriewechsel bei 40 Franken .
Dies lässt sich auf weitere Dienstleistungsangebote übertragen.

  • Rolex macht es der Branche sehr erfolgreich vor. Die Händler sind verpflichtet, ein voll ausgerüstetes Uhrenatelier zu betreiben. So gewährleistet der Hersteller, dass einerseits die eigene Serviceabteilung entlastet wird und gleichzeitig der Händler eine ebenso perfekte Dienstleistung bietet, wie der Hersteller selbst. Dafür setzt Rolex am Markt Reparatur- und Revisionspreise durch, die weit über den Sätzen anderen Marken liegen und entsprechend ein einträgliches Zusatzgeschäft für die Konzessionäre darstellen.

Leistung anstatt Preise verkaufen

Mit oder ohne eigene Uhrmacher ist es angebracht, die Servicepreise deutlich über die Herstellerempfehlung hinaus anzu heben. Durch Porto, Versicherung und Zeitaufwand entstehen mehr Kosten. Diese fressen die Marge der Händler auf Reparaturen auf. Gleichzeitig ist Uhrmacherkapazität knapp. Volkswirtschaftlich formuliert würden wir davon sprechen, dass die Nachfrage nach Serviceleistungen grösser ist als das Angebot an Servicekapazität. Das bietet die Gelegenheit, aus dem Teufelskreis der zu tief angesetzten Herstellerpreise auszubrechen.
Die Fachkompetenz des Detaillisten ist die Versicherung für seinen Kunden. Er ist seine Anlaufstelle und kümmern sich um den jeweiligen Fall. Wenn es Probleme gibt, dann löst er sie für seinen Gast. Es kann sein, dass der Kunde argumentiert, er würde die Uhr direkt dem Hersteller senden, da dieser tiefere Preise biete. Dieser unterschwelligen Drohung kann gelassen begegnet werden. Einfach dem Gast die Anschrift der Serviceabteilung des entsprechenden Lieferanten angeben mit dem Hinweis: „Sie können die Uhr gerne selbst einschicken und mit der Marke verhandeln. Gerne übernehmen wir das aber auch für Sie, inklusiver aller Spesen, Versicherungen und allfälliger Reklamationsbehandlungen. Diese , allerdings für den bereits genannten Preis.“ Das Ergebnis daraus wird sein, dass kaum jemand das Geschäft verlässt, um die Uhr eigens an die Fabrik zu senden. Und jene die es tun, werden sich beim nächsten Mal überlegen, ob sie nicht doch lieber die professionelle Leistung des Vertrauenspartners in der Nähe beanspruchen wollen.

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Diskussionen

Ein Gedanke zu “Erfolgsfaktor Reparatur-Dienstleistung

  1. Was die Preisverhandlung erschwert ist womöglich die Schwierigkeit, die Service-Dienstleistung als hochwertig und nicht als Standard zu kommunizieren. Überall dort, wo der Kunde selbst den Aufwand schätzen kann.

    Verfasst von Oliver | 30.05.2011, 12:44

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